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Schlussfolgerungen

Digitale Beteiligung kann analoge Beteiligung nicht ersetzen, aber ergänzen

Bürgerbeteiligungsformen von Stadtplanungsprojekten wurden trotz der Pandemie nicht eingestellt, sondern lediglich angepasst. Hierbei wurde vermehrt auf die digitale Beteiligung zugegriffen, welche auch vorher schon ihren Platz in Beteiligungsformaten fand. Dabei muss allerdings erwähnt werden, dass digitale Beteiligungsformate zum einen sehr zeitintensiv sind und zum anderen sehr hohe Kosten verursachen. Ergebnisse, welche durch eine digitale Beteiligung erzielt werden, können außerdem nicht mit Ergebnissen analoger Verfahren verglichen werden, da diese zu unterschiedlich ausfallen. Dies liegt zum Beispiel an der fehlenden Informationslage über Geschlecht und Altersgruppe der Teilnehmenden und der gegebenen Anonymität auf Beteiligungsplattformen. Eine analoge Beteiligung bietet einen besseren Austausch und Platz für Diskussion, vor allem bei komplexeren Themen. Auch kann hier auf Fragen und Kritik seitens der Planenden eingegangen werden, was bei einer digitalen Beteiligung nicht immer möglich ist. Eine Mischung aus beiden Formaten ist daher sinnvoll.

Digitale Beteiligungsplattformen können andere Zielgruppen erreichen, sofern sie richtig gestaltet werden

Durch eine barrierefreie Gestaltung von digitalen Beteiligungsplattformen wird es mehr Menschen ermöglicht, sich über Projekte zu informieren und ihre Meinung online abzugeben. Dies setzt jedoch voraus, dass Online-Beteiligungsplattformen in mehreren Sprachen übersetzt und für Menschen mit Benachteiligungen zugänglich gemacht werden. Eine einstellbare Textgröße sowie Texte in vereinfachter Sprache sind hierbei notwendig. Zudem sollten die Beteiligungsplattformen kompatibel gestaltet sein, um sie mit entsprechenden Endgeräten nutzen zu können.

Digitale Tools wie Social Media erleichtern es, nicht nur denjenigen ein Beteiligungsangebot machen, die von einem Vorhaben unmittelbar betroffen sind, sondern der gesamten Stadtgesellschaft

Auch kann mithilfe einer digitalen Beteiligungsplattform einer reinen Betroffenenbeteiligung vorgebeugt werden. Hierbei muss das Projekt jedoch schon früh an die Öffentlichkeit getragen werden, um genug Aufmerksamkeit zu generieren und somit mehr Sichtweisen, Anregungen und Kritiken der gesamtstädtischen oder gar überregionalen Bevölkerung zu gewinnen. Der Einsatz von Social-Media-Kanälen bietet hierbei die Möglichkeit, durch entsprechende Reichweite auch Menschen außerhalb des Planungsgebietes zu erreichen. Durch die Nutzung von digitalen Beteiligungstools fallen bspw. lange Anfahrtswege weg und es besteht die Möglichkeit, sich über gesamtstädtische Projekte zu informieren, ohne direkt bei Informationsveranstaltungen vor Ort teilnehmen zu müssen. Dies ist vor allem deswegen sinnvoll, da viele Menschen erst im späteren Verlauf von Planungsprozessen eingebunden werden, da es ihnen zuvor nicht bewusst ist, inwiefern sie von einem Stadtplanungsprojekt überhaupt betroffen sind.

Digitale Beteiligungsmethoden erleichtern es, kontroverse Meinungen zu äußern

Anhand der Analyse des Beteiligungsprozesses beim "Blankenburger Süden" und den Interviews mit den involvierten Akteur*innen konnten wir diverse Schlüsse zu analogen und digitalen Bürger:innen-Beteiligung ziehen. Digitale Beteiligung ermöglicht es, einfacher alternative und weniger vertretene Meinungen zu äußern, ohne – wie etwa in einer analogen Bürgerversammlung – Sorge vor direktem Widerstand und Wertung haben zu müssen.

 

Beteiligungsangebote sollten zielgruppengerecht gestaltet und können beispielsweise spielerische Elemente enthalten

Nach den von uns durchgeführten Interviews und der Auswertung dieser kamen wir zu der Feststellung, dass keine neuen Interessent:innen durch die digitale Beteiligung dazugekommen sind – so werden jüngere Menschen nicht plötzlich zu Interessent:innen, nur weil die Beteiligung im Internet stattfindet. Um möglichst viele verschiedene Menschen zu erreichen, sollte man die Werbung an die Zielgruppe anpassen, denn es gibt nicht „die eine Öffentlichkeit“, welche man erreichen kann. Die Beteiligung sollte spielerisch und abwechslungsreich gestaltet werden, um Leute zu erreichen und anzusprechen. Im Analogen besteht die Möglichkeit, während Präsenzveranstaltungen allgemeine Fragen zu stellen. Dies sollte auch im digitalen Bereich gegeben sein – z. B. durch einen eigenen Reiter auf der Beteiligungsplattform.

 

Gezielt mit externer Moderation und Qualitätssicherung arbeiten

Eine externe, unabhängige Moderation ist sowohl während der digitalen als auch der analogen Beteiligung wichtig. Zur Qualitätsverbesserung und Ermittlung der Interessen der Teilnehmer:innen könnte man Metaanalyse-Tools auf der Beteiligungsplattform einsetzen.

 

Social-Media-Kanäle als Informationstool einsetzen

Der Einsatz von Social-Media-Kanälen dient überwiegend als Informationstool und weniger als Beteiligungstool. Hier können zwar Kommentare verfasst werden, jedoch entsteht dabei kein direkter Dialog mit Verwaltung oder Planer:innen. Die Beiträge verweisen häufig auf zentrale Beteiligungsplattformen, Veranstaltungen oder andere nützliche Informationen, welche das Planungsprojekt betreffen.

 

Die Auswahl von digitalen Beteiligungswerkzeugen kann Bürger:innen zur Beteiligung animieren/ motivieren

Digitale Beteiligungswerkzeuge können in ihrer Ausgestaltung ausgesprochen vielfältig sein. Dabei sind zahlreiche Anwendungen denkbar – von einfachen Kommentarfunktionen über Videokonferenzen oder Meinungsbilder bis hin zu komplexeren interaktiven Tools. Im Rahmen der komplexeren Tools können unter anderem GIS-basierte Karten, in denen Bürger:innen die Möglichkeit bekommen, virtuell in die Planung einzutauchen und Einfluss auf diese zu nehmen, oder publikumsorientierte Software zum Einsatz kommen. Die Planer:innen sollten sich bereits im Vorfeld einen Überblick über die jeweiligen Vor- und Nachteile verschaffen und auf dieser Basis abwägen, welches Tool sich am besten für ihr Vorgehen eignet. Die Auswahl des digitalen Beteiligungswerkzeuges nimmt auch direkten Einfluss auf die Ausprägung der Beteiligung: Je interessanter und facettenreicher die Möglichkeiten ausfallen, sich zu beteiligen, je konkreter Bürger:innen ihre Meinung äußern können und je zugänglicher der Beteiligungsprozess gestaltet wird, desto mehr Motivation und Anreiz haben die Bürger:innen, sich zu beteiligen. Des Weiteren vermittelt ein gut strukturiertes Beteiligungsverfahren den Bürger:innen das Gefühl, dass sich ernsthaft mit ihrer Kritik und ihren Vorschlägen auseinandergesetzt wird, sodass Konflikte, die sich bspw. aus dem Unmut über mangelndes „Gehört-Werden“ speisen, vermieden werden können.

 

Die Schaffung von Akzeptanz kann in einer Verbesserung des Beteiligungsprozesses resultieren

Eine Voraussetzung für die Durchführung eines konstruktiven Beteiligungsverfahrens kann die Schaffung von Akzeptanz bei den Interessengruppen sein. Um eine möglichst hohe Akzeptanz erreichen zu können, können vier Faktoren eine Rolle spielen. Zu diesen zählen die Einsicht in die Notwendigkeit eines Vorhabens, der wahrgenommene persönliche Nutzen, die erlebte Selbstwirksamkeit durch die Einbindung in den Planungsprozess und eine emotionale Identifikation. Daher sollten diese Faktoren im Rahmen des Planungsprozesses Berücksichtigung finden. Es gilt Strategien zu entwickeln, um diese genannten Faktoren den beteiligten Interessengruppen zu vermitteln. Ein gut geplanter Beteiligungsprozess ist also kein Selbstzweck, sondern sollte zu jedem Planungsprojekt dazugehören, da sich so auch langfristig die Zufriedenheit und Identifikation mit dem Vorhaben steigern und Konflikte vermeiden lassen.

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